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Donnerstag, 5. April 2018

Ostertrip 2018

Nach intensivem Studium von Wettermodelldaten und einigem Werweissen war schliesslich doch noch ein Entscheid gefallen. Die Gegend an der ligurischen Küste würde an Ostern 2018 von Starkniederschlägen verschont werden und das Wetter würde an jedem Tag die Kletterei bei guten Bedingungen zulassen. Genau so kam es dann schliesslich auch und wir blicken auf einen äusserst gelungenen Trip ins Val Pennavaire zurück. Viel Kletterei, Sonne, Pasta, Gelati und Caffè, dazu passte auch meine Form sehr gut - was will man mehr!

Blick vom Sektor Cineplex auf's Val Pennavaire. Mittig das grosse Klettergebiet Terminal, hinten Veravo und Vesallo.
In dieser Gegend war ich nun schon zum x-ten Mal: früher reisten wir stets nach Finale und kletterten in den dortigen Sektoren. Kunststück, weit zurück in den 1990er-Jahren war das Val Pennavaire ja auch noch nicht auf der Kletter-Landkarte erschienen. Ab Mitte der Nullerjahre floss dann bei jedem Trip nach Finale der eine oder andere Besuch im Oltrefinale ein. Inzwischen hat sich die Situation geändert, bei meinen letzten 2 Aufenthalten sind wir ausschliesslich im Val Pennavaire geklettert und haben Boragni, Cucco, Perti und Konsorten nur noch bei der Vorbeifahrt auf der Autobahn eines Blickes gewürdigt. So ändern sich die Zeiten! Besucht haben wir die folgenden Sektoren:

Reunion

Netter, schattiger Sektor unmittelbar im Talboden mit ca. 20 Routen von 6a-7a. Bei einer früheren Stippvisite zogen wir ob den wackelnden Haken unverrichteter Dinge von dannen, inzwischen wurde jedoch saniert. Die kurzen Routen im rechten Sektor sind weniger lohnend, zentral im Hauptsektor gibt's jedoch ein paar echte Perlen mit bis zu 20m Länge, die rund 5m überhängend sind. Gutgriffiger Henkelspass, da und dort mit ein paar Sintern garniert. Nach der langen Autofahrt kam uns das gerade recht, um die Glieder wieder in Bewegung zu bringen.

Salazie (6b+): unten einfach, oben ein paar kräftige, ja fast schon pumpige Züge
Merci Laurent (7a): super Henkelspass, kurze Crux oben, die einfachste der 7a's?!?
Chez Celine (7a): super Ausdauer-Henkelspass, die schönste und homogenste der 7a's?!?
Le Swalibo (7a): super Henkelspass mit kräftiger Dächlicrux im oberen Teil
Cilaos (6c+): gleiche Steilheit und Länge wie die 7a's, aber noch bessere Griffe

In den Ferien angekommen... letzte Sonnenstrahlen nach einem ereignisreichen Tag!

Terminal

Der Klassiker unter den Sektoren mit inzwischen nahezu 100 Routen bis zu 40m Länge von 5c-8a. Meist athletische Kletterei an sintrigen Strukturen und Leisten, wo "nötig" wurde auch hier und da mit ein paar gebohrten Löchern nachgeholfen. Die einfacheren Routen (bis 6b/6c) sind weniger steil und bieten eher technische Kletterei. Die Wand sieht von frühmorgens bis in den Nachmittag hinein viel Sonne - wobei sie in den tiefen Wintermonaten nicht allzu lange bleibt, da der Fels bei wenigen Minuten Zustieg fast im Talboden unten liegt. Trotzdem: die am Ostersamstag notwendige Rettung war auch von hier ein Unternehmen ("un bel casino"). Ein italienischer Kletterer hatte sich bei einem unglücklichen Sturz den Fuss gebrochen. Bis er schliesslich von den zahlreichen Pompieri aus Savona mit einer Bahre geborgen und in den Krankenwagen verfrachtet werden konnte vergingen ab dem Notruf mehrere Stunden!!! Zu allem Übel ging dann kurz vor dem Abtransport auch noch ein kurzer Schauer nieder, welcher den engen, steilen Zustiegspfad unangenehm glitschig machte. Hoffen wir, dass es dem Pechvogel bald wieder besser geht und es sei uns eine Mahnung, vorsichtig zu sein. Selbst aus einem Klettergarten wird die Rettung einer nicht mehr gehfähigen, von Schmerzen geplagten Person aufwändig - nicht daran zu denken, wenn es hier um schwere, lebensbedrohliche Verletzungen gegangen wäre!

Ministro Pistarini (6c+): coole, leicht überhängende Route mit intensiver, komplexer Crux
John Wayne (7a): mit weiten Zügen dynamisch-kräftig übers Dach, ziemlicher Runout dort!
E. Venizelos (7c): super Linie: 15m Einklettern, 15m gutgriffig Pumpen (7a/7a+), dann crimpy Crux
Pook (7a): 30m einfach fantastisch, Tufa Blobs, ein grosser Tufa und kräftiges Wandkletter-Finale
Walla Walla (7a+): bisschen vernachlässigt rechts aussen, unten easy, oben henklig-weite Moves

Langwierige (aber professionelle!) Evakuation eines Verletzten aus dem Klettergebiet Terminal

Cineplex

Ein grosser Sektor für die warme Jahreszeit, da er ab spätestens Mitte Vormittag im Schatten liegt. Der Zustieg hierher ist rund 30 Minuten lang, oft geht dort oben auch noch ein zügiger Wind, der für gute Rotpunkt-Verhältnisse sorgt. Es warten total rund 100 Routen von 5c-8b, wobei das Angebot unter 7b nicht allzu üppig ist. Es gibt jedoch im rechten Teil des rechten Sektors auch ein paar sehr gute Touren im Bereich 6b-7a. Die Routen im linken Sektor sehen hingegen wenig attraktiv aus und weisen de visu auch kaum Begehungsspuren auf. Durch den längeren, zuletzt steilen Zustieg und die Tatsache, dass sich die Einstiege im linken Teil des rechten Sektors auf einem schmalen, exponierten Band befinden (über welches auch der Zustieg verläuft), ist das eher nichts für (kleine) Kinder. Für dettling'sche Bergziegen war's jedoch gefundenes Fressen, zumal rechts aussen auch klettermässig für die Kids etwas zu holen ist.

Daunbailo (7a): anhaltend physisch an oft guten Griffen, mittig mal ein paar neckische Sloperleisten
21 Grammi (7c): affengeile, homogene Tour ohne Ruhepunkt mit Slopern, Tufas, Leisten, ...
Brubaker (7b): hammermässig mit Boulderstart, dann kräftige Crux und Ausdauer ohne Ende
Point Break (7a): zum Dessert, abwechslungsreiche Moves mit Überraschung zum Finale

Das Bild stammt vom Sektor Terminal. Unten noch geneigt, oben dafür dann umso steiler.

Il Granaio

Kleiner Sektor, welcher unterhalb vom Terminal nur wenige Meter oberhalb der Strasse in den Bäumen versteckt ist. Für den kurzen Genuss (für uns vor der Heimfahrt) gibt's hier aber knapp 20 sehr nette, meist äusserst gutgriffige Routen von ca. 15m Länge von 5b-7c. Wobei es im siebten Franzosengrad nur gerade 3 Touren sind, mit welchen ich kurzen Prozess machen konnte. Ohne das Seil je zu belasten (ausser fürs Ablassen natürlich, sonst wäre das schon zu umständlich geworden) konnte ich mir folgendes auf die Ticklist notieren, bevor wir uns auf den langen Heimweg machten:

Sorgo (6b+): die Schwierigkeiten auf den ersten Metern, danach Henkelparade
Quinoa (7a): supergriffiger Henkelspass, unterbrochen durch einen schwierigen Seitgriffzug
Teff (7c): bouldrig-kräftiger Start an Seit- und Untergriffen zu dynamischem Move, dann henklig
Amaranto (7b): weite, athletische Moves durchgehend an Henkeln, sowas macht richtig Spass!
Avena (6c): am Dessert hatte ich härter zu beissen als gedacht, anhaltend und nicht immer henklig!

Riesenspass für die Kinder: im Terminal die ersten 15 einfachen Meter (ca. 5c/6a) von Papi's Route am freien Seilende nachsteigen. Wenn's einen dort wo es schwierig wird dann spickt, so gibt's einen Riesenpendler in den freien Luftraum.
Zum Schluss bleibt noch die Geschichte mit der Schildkröte. Nein, nicht mit dem Sektor Tortuga, über diesen hatte ich früher einmal geschrieben. Sondern es war so: auf der Hinfahrt, beim Kaffeehalt auf einer Raststätte, hatten die Kinder die Riesen-Plüsch-Schildkröten entdeckt. Wir fuhren dann weiter, doch es kristallisierte sich heraus, dass es unvermeidlich wäre, hier auf der Heimfahrt einen Stopp einzulegen und diese Tiere anzuschaffen. Wobei wir den Kindern klar machten, dass sie dazu ihr Sackgeld-Konto zu plündern hätten. Nun denn, am Fels offerierte ich meinem Sohn aus einer Laune heraus eine kleine Beteiligung, wenn er die eingehängte 6a+ im Toprope punkten würde. Im Prinzip liegt's mir komplett fern, die Kinder mit Geld und Geschenken zum Klettern oder sonstigen Handlungen zu motivieren... aber hier gab der kleine Obulus die entscheidende Portion an Extra-Motivation. Mit allem was er hatte, kämpfte er sich zum Umlenker durch, mit Einsatz und Aufs-Ganze-Gehen wie wir das bisher noch nie gesehen hatten. Noch erstaunlicher die Nachhaltigkeit dieses Effekts: offenbar hatte sich dadurch im Gehirn eingebrannt, was bei maximaler Leistung möglich ist und so hatte sein Kletterniveau auf diesem Trip wirklich einen richtigen Sprung gemacht. In dem Sinne war es ein Incentive genau zum richtigen Zeitpunkt :-) 

Rotpunkt-Schildkröten auf dem Weg in die Schweiz... ;-)

Facts

Unterkunft: Agriturismo Gli Angeli in Cenesi (Ortsteil von Cisano sul Neva, 5 Minuten entfernt)
Topo: iVert Oltrefinale, Rock Climbing in West Liguria

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